F.T.S. (2021)

Photo by Julia Schwendner (thisisjulia.de)

Photo by Julia Schwendner (thisisjulia.de)

A website is a good place for words … here you can find my artist statement (in english and german) and of course a lot of photos (below) from my installation F.T.S. that is on display at the heliumcowboy artspace gallery in Hamburg until August 13, 2021 as part of the triple header exhibition “In other words: <_blank>” with Jens Rausch and Boris Hoppek.

The opening on June 5 & 6 was awesome. If you missed it, there’s a Catalogue Release Reception June 25, 17:00 – 21:00. Also the gallery is open Wednesday, Thursday & Friday 13:00 – 19:00, and by appointment. You can get in touch with Melvin here.

The wonderful photos from working on the series in my studio and from the finished installation below my artist statement are by Julia Schwendner (thisisjulia.de)

But now, some words - it is important to me to understand this work in context.




ARTIST STATEMENT (ENGLISH)




„I think my work is influenced by the fact that we're living in dangerous times. If I could put it in a sentence, in fact, my work is about just that: living in dangerous times.“ Don DeLillo

Well. I know. I am a fucking artsy smartass, quoting Don DeLillo. But hey, it is true, we are living in dangerous times, and that not just depends on where you’re socially located - at the bottom of the food chain, or on top of the money making game. Capitalism probably has never been easier to understand because its effects are so blatantly visible and so shamelessly displayed.

I absolutely relate my work and especially this series to DeLillo’s source for inspiration. And the danger I am referring to is not just a matter of perspective as stated above. I personally feel that despite the fact that every minute, every second of the day any possible opinion is posted to potentially everybody who is able to hold a smartphone (yes, you don’t even have to be able to read, images are feeding your thoughts just the same), our reactions are dulled and our survival instincts have been drowned by convenience.

In 2005 DeLillo also said that „writers must oppose systems. It's important to write against power, corporations, the state, and the whole system of consumption and of debilitating entertainments [...] I think writers, by nature, must oppose things, oppose whatever power tries to impose on us."

Replace „writers“ with „artists“, add Facebook, Instagram, Tik Tok etc. to the list of „debilitating entertainments“ - and there you go. I agree 100% with the wise man on this.

I have always been a politically active person. I have been at least in parts radicalized in my youth, which was a very good time for it because the issues and problems then required action, the same as today but still very different. Getting older, I never ceased to speak my mind and express my often strong and - subjectively seen - alert and vigilant opinion. But I have also been domesticated by life, by choices, by the environment. In my art career, which by now spans several decades, I have been tempted as well to go for the aesthetics and fashion. It is an easy trap to fall into if you are trying to make a living with this shit. It is even worse today where likes and followers are treated as some kind of currency by a social media driven society.

But for many years now I have worked hard to come up with my very own aesthetics and with unique techniques of visual storytelling to find my very personal and individual way to express my concerns, my cares, my love for nature and humanity and my rage towards greed, oppression and intolerance. It is through working with wood and construction and carving with sharp blades and heavy paint and hard work and solid craftsmanship and absolute dedication that I try to create artworks that matter and that are expressive and political.

I believe art can be a beacon to shine a spotlight on society and our lifes, and a flag to be raised in battle. It can be more subtle than a punch in the face or the burning of police cars, but it has the same potential to raise awareness.

This is what I want my voice to be in this crazy, messed up, violated and fucked with but still so lovable world. The installational series I have been working on for this special exhibition in these weird times reflects this. The progress to get to this point was a struggle, and a constant inner debate, even though held mostly in private until the show for numerous reasons, but still … a fight. A battle. A bloodshed at times.

Like an undercurrent one of my favorite expressions for a while now flows though this series. Some may see it an expression of resignation, but that is not my interpretation. I feel it should be rather shouted out loud as a call to action:

Fuck this shit.




ARTIST STATEMENT (DEUTSCH)

„Ich glaube, meine Arbeit ist von dem Umstand geprägt, dass wir in gefährlichen Zeiten leben. Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen sollte, würde ich sagen, dass es in meinem Werk tatsächlich nur darum geht: in gefährlichen Zeiten zu leben.“
Don DeLillo

Ja, ich weiß, es klingt ein bisschen artsy-fartsy, wenn ich Don DeLiIllo zitiere. Aber es stimmt nun mal: Wir leben in gefährlichen Zeiten. Und das hat nicht nur etwas mit deiner gesellschaftlichen Stellung zu tun – sei es am Ende der Nahrungskette oder an der Spitze des heiteren Geldverdienens. Wahrscheinlich war es noch nie einfacher, den Kapitalismus zu verstehen, da seine Auswirkungen so deutlich sind und so hemmungslos zur Schau gestellt werden.

Mein Werk – und vor allem diese Serie – geht eindeutig auf DeLillo als Inspirationsquelle zurück. Und die Gefahr, auf die ich mich beziehe, ist nicht nur eine Frage der oben genannten Perspektive. Während wie ein Dauerbeschuss im Minuten- und Sekundentakt kontinuierlich alle möglichen Meinungen und Informationen gepostet werden, die potentiell jeder lesen kann, der ein Smartphone in der Hand halten kann (du musst ja nicht mal lesen können, denn Bilder durchdringen deine Gedanken genauso), reagieren wir bloß noch abgestumpft. Unser Überlebensinstinkt ist von der Bequemlichkeit ertränkt worden.

Im Jahr 2005 sagte DeLillo auch, dass „Schriftsteller sich den Systemen entgegenstellen müssen. Es ist wichtig, sich beim Schreiben gegen Macht, Konzerne, den Staat und das ganze System des Konsums und der uns die Kräfte entziehenden Unterhaltungsformen zu wenden. [...] Ich glaube, dass sich Schriftsteller von Natur aus gegen bestimmte Dinge wehren müssen, gegen alles, was die bestehenden Mächte uns auferlegen wollen.“

Ersetze „Schriftsteller“ durch „Künstler“ und füge Facebook, Instagram, TikTok und so weiter der Liste der „uns die Kräfte entziehenden Unterhaltungsformen“ hinzu – dann passt es auch für 2021 und für die bildende Kunst. Ich stimme dem weisen alten Mann hier zu 100 Prozent zu.

Seit meiner Jugend bin ich immer politisch, und durchaus auch radikal links. Die Zeit war dafür sehr gut geeignet, denn die damaligen Themen und Probleme erforderten, dass wir handeln – so wie heute, aber auf ganz andere Weise. Auch als ich älter wurde, habe ich nie aufgehört, eine deutliche Haltung zu zeigen und meine – subjektiv gesehen – wachsame Meinung auszudrücken. Das Leben, die Entscheidungen und meine Umgebung haben mich allerdings auch milder gemacht. In meiner künstlerischen Karriere, die nun mehrere Jahrzehnte umfasst, bestand für mich durchaus natürlich auch die Versuchung, mich an Ästhetik und Mode zu orientieren. Es ist leicht, in diese Falle zu tappen, wenn du versuchst, von der Kunst leben zu können. Heutzutage ist es ja noch schlimmer, da Likes und Follower in unserer von den sozialen Medien beherrschten Welt wie eine Währung behandelt werden.

Aber Bequemlichkeit ist einfach nicht mein Ding, und Mode (als Überbegriff) muss dir als Künstler eigentlich auch scheißegal sein. Und so habe ich die letzten Jahre hart daran gearbeitet, meine persönliche Ästhetik zu entwickeln und mit meinen ganz eigenen Techniken des visuellen Geschichtenerzählens Möglichkeiten zu finden, meine Sorgen und Anliegen, meine Liebe für die Natur und die Menschheit sowie meine Wut über Gier, Unterdrückung und Intoleranz auszudrücken. Ich versuche, Kunstwerke zu schaffen, die eine Bedeutung haben, die Haltung zeigen und politisch sind, und dafür arbeite ich leidenschaftlich mit Holz, konstruiere und baue komplexe Untergründe, schnitze mit scharfen Klingen tiefe Furchen, massiere Farbe ein anstatt zu pinseln – und das mit solidem handwerklichem Können und kompromissloser Hingabe.

Ich glaube, dass Kunst ein Leuchtfeuer sein kann, das unsere Gesellschaft und unser Leben reflektiert. Sie kann eine Flagge sein, die im Kampf in die Höhe gehalten wird. Sie kann subtiler sein als ein Schlag ins Gesicht oder das Anzünden von Polizeiwagen, aber sie verfügt über dasselbe Potential, ein Bewusstsein für wichtige Themen zu schaffen.

Deswegen will ich meine Stimme in diese verrückte, verkorkste, verletzte, ruinierte und doch so liebenswerte Welt einbringen. Die Installationsserie, an der ich für diese Sonderausstellung in diesen seltsamen Zeiten gearbeitet habe, spiegelt dies wider. Die Entwicklung, die nötig war, um an diesen Punkt zu gelangen, war ein stetes Ringen und eine anhaltende Diskussion mit mir selber. Aus verschiedenen Gründen fand dies bis zur Ausstellung zwar weitgehend allein statt, wie ein nicht enden wollender innerer Monolog … und doch ... es war ein Kampf.

Ein Satz, der mich seit längerer Zeit begeitet und wieder und wieder auftaucht, durchzieht die Serie wie eine Unterströmung. Er könnte als Zeichen der Resignation verstanden werden, aber meine Interpretation ist eine andere. Es ist vielmehr ein Appell, ein Aufruf zum Wachwerden und Handeln:

Fuck this shit.



INSTALLATION VIEWS

by Julia Schwendner (thisisjulia.de)

ARTWORK

for availabilities please check the portfolio at heliumcowboy or with Melvin at the gallery directly





WIP AT THE STUDIO

by Julia Schwendner (thisisjulia.de)